Interview mit Dr. Christof Riess, dem Vorsitzenden des Aufsichtsrates der Bürgeschaftsbank Hessen

Sie leiten jetzt den Aufsichtsrat der Bürgschaftsbank Hessen. Was sehen Sie hier als Ihre wichtigste Ausgabe an?

Unsere hessische Wirtschaft stärken und Entwicklungsmöglichkeiten für Betriebe schaffen – das sind die wichtigsten Ziele der Bürgschaftsbank und der Aufsichtsrat stützt und lenkt dabei. Die Mitglieder des Aufsichtsrats beaufsichtigen die Geschäftsführung und stehen ihr mit Erfahrungen aus verschiedenen beruflichen Hintergründen beratend zur Seite. Gerade in Zeiten, die von Veränderungen und damit verbunden Unsicherheiten geprägt sind, ist ein verlässlicher Partner für Handwerksbetriebe und Unternehmen umso wichtiger. Dieser zuverlässige Partner wollen wir als Bürgschaftsbank Hessen für die heimischen Betriebe sein.

Wie schätzen Sie die aktuelle Lage des Handwerks in Hessen ein?

Wir als Gesellschaft stehen vor vielfältigen Herausforderungen, z.B. die Digitalisierung und die Energiewende, und das Handwerk in Hessen arbeitet jeden Tag an der praktischen Umsetzung. Man denke nur an die Bereitstellung der Infrastruktur für die E-Mobilität oder an die Beratung von Kunden zum Thema Wärmewende und Heizung. Ohne das Handwerk schaffen wir die Transformation nicht, so viel steht fest. Parallel beschäftigt die Branche der demografische Wandel und der Fachkräftemangel. Bei vielen Betrieben steht in den nächsten Jahren ein Führungswechsel an und die Frage ist, welche gut ausgebildeten Handwerkerinnen und Handwerker diese Rolle übernehmen können oder möchten.

Es gilt – gerade bei jüngeren Generationen sowie ihren Eltern als deren Ratgeber – das Handwerk wieder attraktiv zu machen und die vielfältigen und zukunftsträchtigen Möglichkeiten aufzuzeigen, die das Handwerk bietet. Dabei müssen wir als moderne Arbeitgeber auch gezielt auf die Bedürfnisse und Fragen der jungen Generationen eingehen und mit der Zeit gehen. Für das Funktionieren unserer Gesellschaft leistet das Handwerk einen wichtigen Beitrag und für junge Menschen bietet es echte, verlässliche Entwicklungschancen.

Was sind hier aus Ihrer Sicht die dringlichsten Handlungsfelder?

Ich nenne drei: Erstens die Ausbildung im Handwerk stärken, zweitens durch den Abbau von Bürokratie Raum für Entwicklung geben und drittens digitale Technologien sinnvoll im Handwerk und in anderen Unternehmen einsetzen.

Während das dritte Handlungsfeld als Aufgabe und Chance bei den Betrieben selbst liegt, brauchen wir für positive Entwicklungen in den ersten beiden Handlungsfeldern auch die Unterstützung und Wertschätzung von den Familien und von den Schulen sowie von der Politik.

Was macht die Bürgschaftsbank aus Ihrer Sicht so wertvoll?

Für die hessischen Betriebe ist die Unterstützung der Bürgschaftsbank Hessen bei der Verwirklichung ihrer Zukunftspläne von unschätzbarem Wert. Gerade in einem aktuell so volatilen Umfeld braucht die Wirtschaft verlässliche Unterstützung und die richtigen Partner. Ohne diese könnten viele Betriebe ihre Vorhaben nicht umsetzen, was sich wiederum auch auf unsere Gesellschaft auswirken würde. Denn da, wo Betriebe verschwinden oder um ihre Existenz bangen, können Bürgerinnen und Bürger bestimmte Dienstleistungen auch nicht abrufen oder müssen lange Wartezeiten einplanen. Mit all‘ den Folgen, die wir derzeit an vielen Stellen beobachten müssen. Als Mitgesellschafter und Teil des Bürgschaftsausschusses informieren wir als Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main unsere Mitglieder und beraten sie zu möglichen Bürgschaften für neue Projekte, von der Gründung bis hin zur Betriebsübernahme.

Wenn Sie für die Bürgschaftsbank einen Wunsch frei hätten, welcher wäre dies?

Ich wünsche mir, dass der Gesellschaft und den Akteuren aus Politik und Bildung bewusster wird, wie wichtig die heimische Wirtschaft und unsere hessischen Betriebe – auch und gerade das Handwerk – für uns alle sind. Dieses Bewusstsein und das daraus resultierende Wissen sollte jenseits von sonntäglichen Reden konkretes Handeln zur Folge haben. Es sollten gezielte und realistisch umsetzbare Maßnahmen getroffen und in Gang gesetzt werden, um unsere Betriebe zu sichern, Bürokratie zurückzufahren und den Nachwuchs zu fördern – anstatt nur darüber zu sprechen, wie wichtig der Schutz und die Förderung der heimischen Wirtschaft ist. Es ist an der Zeit, konkret zu handeln.