F A L L B E I S P I E L
In Frankfurt hat das gefehlt!
Jetzt sind es schon sechs Jahre: Solange gibt es in Frankfurt das „Kabarett Änderungs-Schneiderei“, kurz die Käs. Sie ist die einzige politisch-literarische Kabarettbühne in der Mainmetropole Frankfurt, die neben eigenem Programm renommierten Gastakteuren eine Spielstätte bietet.
Dazu gehören Kabarettisten wie Dieter Hildebrand und Georg Schramm oder Urban Priol. Die Käs ist außerdem das erste und einzige türkische Kabarett-Theater mit deutschsprachigem Programm und daher ein seltenes Gewächs. Selten auch deshalb, weil sie eine der wenigen Bastionen des Polit-Kabaretts inmitten des stetig wachsenden Comedy-Booms ist.
Ayse Aktay und ihr Lebensgefährte, der türkische Kabarettist und Autor Sinasi Dikmen, lebten in Tübingen und Ulm, bevor sie sich entschlossen, ein Kabarett-Theater auf die Beine zu stellen.
Ihre Wahl fiel auf Frankfurt als besten Standort. Denn: „Hier hat ein auf Kabarett spezialisiertes Theater noch gefehlt.“ Sie und Dikmen gründeten die Kleinkunstbühne im März 1997. Seither öffnen Chefin Aktay und Programmplaner Dikmen – der augenzwinkernd sagt: „Ich bin mein eigenes Ensemble.“ – ihre Türen, um das Käs-eigene Programm und auswärtige Kabarettisten auf die Bühne zu bringen. Viel Arbeit, darum engagiert sich Sohn Octay Acet ebenfalls als Geschäftsführer im Familienunternehmen.
Und das Geschehen ist vielfältig. Der von Dieter Hildebrand entdeckte und 1983 wie 1984 im „Scheibenwischer“ debütierende Sinasi Dikmen hat für die Käs mittlerweile fünf eigene Programme auf die Beine gestellt. „Kleider machen Deutsche“ heißt das erste Programm, dem der skurrile Name des Hauses „Kabarett Änderungs-Schneiderei“ entnommen ist. Dikmen mimt darin einen türkischen Änderungsschneider und flickt und näht mit Liebe an der deutschen Sprache. In seinen weiteren Programmen zeigt er, was passiert, „Wenn der Türke zweimal klingelt“, mahnt „Du sollst nicht türken!“ und „Mach kein Theater, Türke!“ Letzteres beherzigt er selbst rein gar nicht. Und das ist auch gut so. In seinen aktuellen Programmen, „Quo Vadis, Türke“ und „Kreuzweise“ – gemeinsam mit Henning Venske – setzt er seinen eingeschlagenen Weg fort.
Dikmen, der „aus der Türkei kommt, in Deutschland zu Hause ist“, zeigt sein Programm nicht nur auf der eigenen Bühne. Er gastiert an mehreren anderen Bühnen in Deutschland und weit darüber hinaus von Helsinki bis Ankara – immer in deutscher Sprache.
Seltsamerweise feiert er in der Türkei mit dem deutschsprachigen Programm große Erfolge, während hierzulande nur selten ein Landsmann seine Vorstellungen besucht. Woran liegt das? „Die Türken in der Türkei verstehen viel besser Deutsch als die Türken in Deutschland. Vielleicht machen sie alle die Sprachkurse vom Goethe-Institut in der Türkei?“
Als erster türkischer Kabarettist mit deutschsprachigem Programm feierte Dikmen bereits vor seiner Solokarriere mit dem türkischen Duo „Knobi-Bonbons“ Erfolge. 1988 erhielt er in dieser Formation den Deutschen Kleinkunstpreis. Zum Kabarett kam der gelernte Krankenpfleger und seit 1972 in Deutschland lebende Dikmen, weil „ich eine absolute Leseratte bin“. Vom Lesen kam er zum Schreiben (3 Buchveröffentlichungen) und vom Schreiben zu Hildebrand, der ihm einen Auftritt im Scheibenwischer anbot. „Der Urlaub ist gesichert, das mache ich.“, sagte sich Dikmen und so wurde aus dem Krankenpfleger der erste türkisch-deutsche Kabarettist.
Neben dem eigenen bietet die Käs ein vielfältiges Programm mit anderen Kabarettisten. Wer war da: Von A bis V Django Asül, Matthias Beltz, Mark Britton, Martin Buchholz, Andreas Giebel, Günter Grünwald, Dieter Hildebrand, Bruno Jonas, Reiner Kröhnert, Frank Lüdecke, Heinrich Pachl, Urban Priol, Arnulf Rating, Georg Schramm, Anka Zink, Henning Venske…. man kann sie gar nicht alle aufzählen.
Für die dauerhafte Sicherung einer Existenz waren die Räume in der Finkenhofstraße zu klein geworden. Als sich die Gelegenheit bot, in einen Teil der renovierten Naxoshalle in der Frankfurter Waldschmidtstraße umzuziehen, war der Entschluss schnell gefasst.
Seit September 2002 läuft der Spielbetrieb der Käs in einem Teil der renovierten Naxoshalle in der Waldschmidtstraße 19. Hier ist mehr Platz auf der Bühne, aber natürlich auch für die Zuschauer, die jetzt zum „Kabarett in der City“ kommen können. Die wirtschaftlichen Möglichkeiten für die Unternehmer Ayse Aktay und Sinasi Dikmen haben sich mit dem Umzug deutlich verbessert. „Darüber freuen wir uns sehr.“, so Aktay und Dikmen, denn das Überleben des in mühevoller Eigeninitiative aufgebauten Theaters war ganz und gar nicht immer gesichert.
Die Bürgschaftsbank konnte gemeinsam mit der Hausbank den Standortwechsel und die Einrichtung der größeren Spielstätte finanzieren und damit die Voraussetzung für eine positive wirtschaftliche Entwicklung mitgestalten.
Um den künstlerischen Erfolg der politisch-literarischen Kabarettbühne kümmern sich Ayse Aktay und Sinasi Dikmen.