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Backen in der dritten Generation
Wenn ein Familienunternehmen guten Gewissens in die Hände der Kinder übergeben werden kann, gilt dies als betriebswirtschaftlicher Glücksfall. Zu Beginn des Jahres 2008 kaufte Kai Schröer seinem Vater Hans-Hermann 33 Prozent der Backhaus Schröer GmbH ab, um diesen Glücksfall in die Wege zu leiten.
Das Backhaus Schröer, 1951 von Bäckermeister Karl Schröer und seiner Ehefrau Josefine in Geisenheim gegründet, ist mittlerweile ein alteingesessenes Wiesbadener Familienunternehmen. 1987, ein Jahr nach dem Tod von Karl Schröer, fand schon einmal eine Geschäftsübergabe statt, als die Witwe den Betrieb mit 15 Mitarbeitern und zwei Filialen an Sohn Hans-Hermann übergab. Dieser erweiterte die Firma binnen 14 Jahren in zwei Schritten. Zunächst übernahm er 1994 die Bäckerei Fink GmbH mit 20 Mitarbeitern, drei Filialen und einer Backstube und firmierte in Backhaus Schröer GmbH um. Sechs Jahre später ging die Bäckerei Budecker, ein Traditionshaus, welches auf 75 Jahre Bestand zurückblicken konnte, ebenfalls an das Backhaus Schröer. 2001, zum 50. Jubiläum, beschäftigte der Erbe von Karl und Josefine somit 220 Mitarbeiter und 30 Filialen.
Im gleichen Jahr war ein erster Kontakt zwischen der Backhaus Schröer GmbH und der Bürgschaftsbank Hessen zustande gekommen, als letztere gebeten wurde, die Übernahme der Bäckerei Budecker mit einer Bürgschaft zu begleiten. 2008 trat Sohn Kai Schröer, gemeinsam mit seinem Vater an die BB-H heran, mit der Bitte, einen Kredit zu besichern, den er für die Übernahme von 33 Prozent der Firmenanteile benötigte. Mit diesem Schritt wurde im Unternehmen Schröer der Wechsel in die dritte Generation eingeleitet.
Die Bürgschaftsbänker aus Wiesbaden taten daher, was sie in solchen Fällen immer tun: Sie warfen einen prüfenden Blick hinter die leuchtend blau-gelben Fassaden des Backhauses, um zu klären, ob die Zahlen und Fakten halten, was der betörende Duft aus den Backstuben verspricht.
Kai Schröer absolvierte nach seiner Ausbildung zum Bäckermeister ein betriebswirtschaftliches Studium. Seit 2007 ist er Produktionsleiter, davor arbeitete der heute 29-Jährige im kaufmännischen Bereich des elterlichen Betriebs. Durch das äußere Erscheinungsbild der knapp 40 Filialen, welches inzwischen einheitlich blau-gelb ist, wurde der Wiedererkennungswert des Backhauses Schröer stark erhöht. Der vielfältigen Konkurrenz stellt sich Schröer mit seinem hochwertigen und vielfältigen Angebot entgegen, darunter zahlreiche Spezialprodukte, wie das Steinofenbrot, von Hand in Form gebracht und auf einer Steinplatte im Ofen gebacken oder das nach dem Gründer benannte Karlchen, ein Brötchen, welches im Laden frisch gebacken wird. Für das Rezept des französischen Bauernweißbrotes reiste eine Delegation von Bäckern eigens in unser Nachbarland. Jedes Jahr wird Schröer für seine Produkte von der Bäckerinnung ausgezeichnet, 2010 26 mal in Gold und 13 mal in Silber.
Unter dem Motto „Genuss den ganzen Tag!“ öffnete im März 2009 das erste Café & Bistro Schröer in der Mainzer Straße in Wiesbaden seine Pforten. Hier fängt der Tag mit dem Frühstück oder dem schnellen Snack am Stehtisch an, geht über „À la Carte“-Gerichte und täglich wechselnde Mittagsmenüs zum Kuchen am Nachmittag und endet beim abendlichen Bier oder Wein auf der Terrasse. In ein oder zwei Jahren sollen weitere Bistros der Marke Schröer folgen.
Zu seinem 60. Geburtstag steht die Backhaus Schröer offensichtlich auf festem Untergrund, so das Fazit von Bürgschaftsbank und Handwerkskammer. Die BB-H erteilte die Bürgschaft daher ohne Bedenken.