„Verlässliche Finanzierung ist das Fundament für Zukunft im Handwerk“

Mit Pierre Schlosser gewinnt der Aufsichtsrat der Bürgschaftsbank Hessen eine starke Stimme aus dem Handwerk. Als Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Wiesbaden kennt er die Herausforderungen, vor denen kleine und mittlere Betriebe stehen – von der Unternehmensnachfolge bis zur Investition in moderne Strukturen. Im Interview spricht er über seine Rolle im Gremium, aktuelle Finanzierungsfragen und die Bedeutung guter Zusammenarbeit.

Was bedeutet es für Sie persönlich, Mitglied des Aufsichtsrates der Bürgschaftsbank Hessen zu sein?

Es ist für mich eine große Ehre und zugleich eine Verantwortung, die Interessen des Handwerks in Hessen auch in diesem wichtigen Gremium vertreten zu dürfen. Ich sehe darin die Chance, Finanzierungswege für Betriebe weiter zu verbessern und die Wettbewerbsfähigkeit des Handwerks nachhaltig zu stärken.

Wie sehen Sie die Rolle der Bürgschaftsbank Hessen speziell für das Handwerk in Hessen?

Die Bürgschaftsbank ist ein verlässlicher Partner, gerade für kleine und mittlere Betriebe, die ohne starke Sicherheiten oft keinen Zugang zu Krediten haben. Sie schafft Vertrauen zwischen Banken und Betrieben und macht so Investitionen möglich, die unsere handwerkliche Vielfalt sichern.

Wo sehen Sie aktuell die größten Herausforderungen für Handwerksbetriebe bei der Finanzierung von Investitionen oder Betriebsübernahmen?

Viele Betriebe stehen vor der Herausforderung, Nachfolgen zu regeln und dafür passende Finanzierungen aufzustellen. Gleichzeitig brauchen sie Luft für Innovationen und Investitionen in Digitalisierung oder Nachhaltigkeit. Hier gilt es, bürokratische Hürden zu senken und Betriebe bestmöglich zu begleiten.

Welche Impulse möchten Sie aus der Perspektive des Handwerks in den Aufsichtsrat einbringen?

Mir ist wichtig, dass wir die Praxisnähe des Handwerks im Blick behalten und passgenaue Lösungen entwickeln. Ich möchte dazu beitragen, dass Gründungen, Übernahmen und Investitionen auch für kleine Betriebe realisierbar bleiben. Dafür braucht es eine enge Abstimmung mit Kammern, Innungen und Hausbanken.

Inwiefern kann das neue ERP-Förderprogramm Gründung und Nachfolge gerade im Handwerk einen Unterschied machen?

Gerade im Handwerk ist Nachfolge ein zentrales Thema, um Betriebe und Arbeitsplätze zu sichern. Das ERP-Programm kann helfen, Hemmschwellen abzubauen und mehr Gründerinnen und Gründer zu motivieren, Verantwortung zu übernehmen. Wichtig ist dabei, dass die Programme einfach zugänglich sind.

Wie wichtig ist Ihrer Meinung nach die Zusammenarbeit zwischen Kammern, Hausbanken und Bürgschaftsbank für den wirtschaftlichen Erfolg der Betriebe?

Nur wenn alle an einem Strang ziehen, gelingt es, Betriebe zukunftsfest aufzustellen. Die Kammern kennen die Betriebe vor Ort und sind von Beginn an in Übernahmeprozesse eingebunden, die Banken bringen die Finanzierung, und die Bürgschaftsbank gibt Sicherheit. Diese Zusammenarbeit ist entscheidend für Stabilität und Wachstum im Handwerk.

Was möchten Sie als neues AR-Mitglied in den nächsten Jahren besonders in den Blick nehmen?

Ich möchte mich dafür einsetzen, dass auch künftig genügend Gründerinnen und Gründer den Mut finden, Betriebe zu übernehmen oder neu zu starten. Außerdem ist mir wichtig, dass die Angebote der Bürgschaftsbank Hessen noch bekannter werden und passgenau auf die Bedarfe des Handwerks ausgerichtet bleiben. Gemeinsam können wir so die Zukunftsfähigkeit unserer Betriebe sichern.

„Die Landwirtschaft braucht Brückenbauer zwischen Risiko und Investition“

Sebastian Schneider, Landwirt und Vertreter des Hessischen Bauernverbands, ist neues Mitglied im Aufsichtsrat der Bürgschaftsbank Hessen. Im Interview spricht er über seine Motivation, die Bedeutung der Bürgschaftsbank für die Finanzierungssicherheit in der Landwirtschaft und die entscheidende Rolle, die smarte Finanzierung für die Zukunftsfähigkeit landwirtschaftlicher Betriebe spielt. Sein Credo: Transformation braucht Kapital – und verlässliche Partner, die den ländlichen Raum nicht aus den Augen verlieren.

Was hat Sie bewogen, Mitglied des Aufsichtsrates der Bürgschaftsbank Hessen zu werden?

Es ist die Überzeugung, dass unternehmerischer Mut in der Landwirtschaft verlässliche Partner braucht – besonders in Zeiten struktureller Unsicherheit und wachsender Finanzierungshürden. Die Bürgschaftsbank ist kein anonymer Geldgeber, sondern ein stabilisierender Faktor für wirtschaftliche Initiativen im ländlichen Raum. Die Landwirtschaft braucht Brückenbauer zwischen Risiko und Investition – in dieser Rolle sehe auch ich mich.

Welche Bedeutung hat die Bürgschaftsbank aus Ihrer Sicht für die Finanzierungssicherheit in der hessischen Landwirtschaft?

Die Bedeutung ist kaum zu überschätzen. So zeichnet etwa der jüngste Situationsbericht zur deutschen und hessischen Landwirtschaft ein klares Bild: Die Investitionszurückhaltung, gerade im Bereich der Tierhaltung, ist Ausdruck eines tiefen strukturellen Vertrauensverlustes. Wer Investitionen ermöglicht – dort, wo die Banken längst zögern –, der schützt nicht nur Existenzen, sondern fördert Innovation. Die Bürgschaftsbank schafft genau diesen Freiraum, in dem Zukunft gedacht und gewagt werden kann. Sie ist Katalysator für Generationenwechsel, Umbauprojekte und neue Betriebszweige.

Wo sehen Sie die größten Finanzierungshemmnisse für landwirtschaftliche Betriebe – insbesondere im Hinblick auf den Generationenwechsel?

Die Haupthemmnisse lassen sich bündeln: Unsicherheit, Bürokratie, Kapitalzugang. Der Situationsbericht belegt den Investitionsrückgang als direkte Folge politischer Intransparenz und mangelnder Verlässlichkeit. Junge Betriebsnachfolger finden sich in einem Dickicht aus Umweltauflagen, Fördervorgaben und steuerlicher Komplexität wieder. Investitionen sind ein Wagnis mit hohem Eigenrisiko, aber mit wenig Risikopuffer. Wo öffentliche Kreditwirtschaft zurückweicht, muss die Bürgschaftsbank umso stärker als Partner auftreten. Ohne gezielte Entlastung und Flexibilisierung bleibt die Gefahr eines Strukturbruchs omnipräsent.

Was möchten Sie als Vertreter des Hessischen Bauernverbands in die strategische Arbeit des Aufsichtsrates einbringen?

Erstens: die Perspektive der Praxis als klarer Kompass. Zweitens: die Realität des ländlichen Raums, der eben kein Freilichtmuseum, sondern ein dynamischer Wirtschaftsstandort ist. Und drittens: eine Brückenfunktion zwischen Politik, Kapital und bäuerlicher Lebenswirklichkeit. Die Weiterentwicklung der Landwirtschaft wird nicht durch Leitplanken von oben gelingen, sondern durch intelligente Finanzierung vor Ort. Neben ihrer Rolle als Risikopuffer könnte sich die Bürgschaftsbank hier strategisch noch stärker als Innovationstreiber positionieren.

Die Landwirtschaft steht vor tiefgreifenden Transformationsprozessen – welche Rolle kann die BB-H hier künftig spielen?

Transformieren heißt: investieren. Und zwar nicht trotz, sondern wegen der Unsicherheit. Die Bürgschaftsbank kann hier zum „ersten Ermöglicher“ werden: für neue Tierhaltungssysteme, digitale Betriebsmodelle, Betriebszweigentwicklungen in den Bereichen Erneuerbare Energien oder Direktvermarktung. Ich weise mit Nachdruck auf die enorme Produktivitäts- und Anpassungsleistung des landwirtschaftlichen Sektors hin – aber auch auf die Gefahr einer Dekapitalisierung. Transformation ohne Kapital ist wie Umbau ohne Gerüst. Und eben jenes kann die Bürgschaftsbank sein.

Welche Erwartungen haben Sie persönlich an die Zusammenarbeit mit den anderen Aufsichtsratsmitgliedern und der Geschäftsführung?

Ich wünsche mir eine Zusammenarbeit, die geprägt ist von Realitätssinn und wirtschaftlichem Verständnis. Das Agribusiness mitsamt der Primärproduktion ist ein wesentlicher Teil unserer gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung, welches keine wohlmeinenden Konzepte mehr braucht, sondern belastbare Lösungen. Wer in diesem Segment Finanzierung ermöglicht, investiert nachhaltig in die wirtschaftliche Substanz des Landes. Ich erwarte einen Aufsichtsrat, der sich als Strategie-Gremium versteht. Mit einem wachen Blick für Chancen jenseits der klassischen Kreditwürdigkeit und mit Verständnis für die volkswirtschaftliche Dimension. Gerade auch mit einer Geschäftsführung, die Mut zur Pionierrolle beweist, kann die Bürgschaftsbank zum strategischen Partner der Landwirtschaft in Hessen werden und Finanzierungslösungen im ländlichen Raummaßgeblich mitgestalten.