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Getreideanbau statt Luftschlösser: Bernhard Schönauen ist der erste hessische Landwirt mit Agrar-Bürgschaft
Es war eine Anzeige in der landwirtschaftlichen Fachpresse, die bei Bernhard Schönauen den Stein ins Rollen brachte: Aus Alters- und Gesundheitsgründen suchte ein Landwirt für seinen Ackerbaubetrieb im nordhessischen Herleshausen einen Nachfolger. „Ich habe die Anzeige gelesen und gedacht: Das passt!“, erinnert sich Schönauen. So wurde er der erste hessische Landwirt, der eine Agrar-Bürgschaft bekam. Als gelernter Landwirt mit Masterabschluss in Agrarwissenschaft hatte er schon länger mit dem Gedanken gespielt, einen eigenen Betrieb zu führen. Da kam das Angebot des Ackerbaubetriebes aus Herleshausen gerade recht. Schnell einigte sich Schönauen mit dem Besitzer: Schönauen pachtete die Hofstelle und das Ackerland, kaufte das gesamte Inventar, Vorräte sowie Ernte und übernahm die Pachtverträge für die bereits gepachteten Felder. Das Ackerland hingegen blieb im Besitz des Vorgängers.
Um die Übernahme auch finanzieren zu können, suchte Schönauen nach einem Kredit. Sein Investitionskonzept und der sorgfältig ausgearbeitete Übernahmeplan überzeugte die Sparkasse vor Ort zunächst ohne Schwierigkeiten. „Bei einem Pachtbetrieb mit stehender Ernte und relativ viel Inventar kam dann das Problem mit den erforderlichen Sicherheiten auf“, fasst Schönauen zusammen. „Da mir nach dem Kauf weder Grund noch Boden gehören würde, wurde die Übernahme als risikobehaftetes Vorhaben eingestuft, für das die Bank verständlicherweise Sicherheiten benötigte.“ Sicherheiten, über die der angehende Existenzgründer nicht selbst verfügte.
Bevor sich der Traum vom eigenen Betrieb in Luft auflöste, empfahl Schönauens Bankberater ihm eine Agrar-Bürgschaft: Im Rahmen des EU-geförderten COSME-Programms bürgt nämlich die Bürgschaftsbank des jeweiligen Bundeslandes gemeinsam mit dem Europäischen Investitionsfonds (EIF) für Programmdarlehen der Landwirtschaftlichen Rentenbank (LR-Bank). Durch die Beteiligung von zwei Risikopartnern können Landwirte für ihre Investitionsvorhaben so Kreditsicherheiten für bis zu 70 Prozent des Kreditvolumens erhalten. „Das war meine Lösung für die Übernahmefinanzierung“, freut sich Schönauen noch heute.
Sein Bankberater beantragte bei der Bürgschaftsbank Hessen (BB-H) eine Ausfallbürgschaft für die anstehende Existenzgründung. „Alle Beteiligten haben damit Neuland betreten, weil ich der erste Landwirt in Hessen war, der das Agrar-Programm der Bürgschaftsbanken in Anspruch genommen hat“, erzählt Schönauen. „Da muss man etwas Geduld mitbringen: Es dauerte eben ein bisschen, bis alle erforderlichen Daten bereitgestellt wurden, der endgültige Vertragsentwurf vorlag und die BB-H den Antrag prüfen konnte.“ Das Ergebnis war umso erfreulicher: „Das persönliche Gespräch mit den Herren Leber und Weidenfeller von der BB-H war sehr gut, danach ging alles relativ zügig und ich erhielt die ersehnte Kreditzusage“, erinnert sich der Landwirt.
„Natürlich gibt es eine Bürgschaft nicht gratis, die BB-H macht das ja nicht einfach, weil ich ein toller Typ bin“, bilanziert der Agrarökonom – womit er womöglich zu bescheiden ist, denn die Bürgschaftsbank Hessen berücksichtigt bei der Risikoeinschätzung eines Gründungsvorhabens auch die Unternehmerpersönlichkeit. „Am Ende zählt jedoch, dass ich ohne eine Bürgschaft schlichtweg nicht die Sicherheiten für den Kredit darstellen konnte und wohl nie mein eigener Chef geworden wäre“, so Schönauen.
Für den eigenen Betrieb in Herleshausen, in dem er bereits einen weiteren Mitarbeiter beschäftigt, hat Schönauen bereits klare Ziele für die Zukunft: Eine kosteneffiziente Gestaltung des Betriebes sowie den Ausbau gewinnbringender Zweige sollen nach und nach die Eigenkapitalquote erhöhen. „Natürlich könnte ich im ersten Jahr mehr verdienen, wenn ich als Führungskraft in einem größeren landwirtschaftlichen Betrieb tätig wäre“, erläutert Schönauen. „Aber ich habe das Ganze ja gemacht, weil ich eigenständig werden wollte. Nun freue ich mich, in meinem eigenen Betrieb Ackerbau zu betreiben.“ Dabei genießt er es auch, eigene Entscheidungen zu treffen: „Ich habe ziemlich schnell beschlossen, mehr als nur Substrate für Biogasanlagen anzubauen. Der erste Weizen ist schon ausgesät und es werden weitere Getreide und Früchte kommen.“